Die Stuttgarter Zeitung berichtet, dass untersucht wurde, wie ein ängstlicher Roboter auf Menschen wirkt. Der kleine Roboter NAO ist 58 Zentimeter groß, etwas pummelig, hat nette orangerote Applikationen auf dem ansonsten weißen Körper. Man kann die NAO abstellen, wenn man den großen roten Knopf auf dem menschenähnlichen Bauch drückt, doch fällt dies nicht jedem Menschen leicht fällt, denn NAO kann sich dagegen wehren, indem er plötzlich fleht: „Nein! Bitte knipse mich nicht aus! Ich habe Angst vor der Dunkelheit!“
Sozialwissenschaftler der Universität Duisburg-Essen haben in einem Experiment Versuchspersonen in Kontakt mit NAO gebracht und ihnen gesagt, man wolle mit ihrer Hilfe die Zusammenarbeit zwischen Roboter und Mensch verbessern. In Wahrheit wollten sie aber wissen, wie die Versuchspersonen auf die flehentliche Bitte des Roboters reagieren, ihn nicht abzuschalten, obwohl sie genau dies tun sollten. Bei 43 Personen wollte Nao dies durch sein Betteln verhindern, bei den restlichen Versuchspersonen wehrte er sich nicht verbal gegen das Abschalten. 13 Probanden brachten es nicht übers Herz, den bittenden NAO auszuknipsen, die anderen 30 brauchten doppelt so lange, bis sie den Aus-Knopf drückten, wie die Menschen, bei denen NAO still blieb. Sechs Personen haben Mitleid mit Nao gehabt, andere sagten, sie seien von der Situation überrascht worden oder hätten wissen wollen, was passiert, oder sie hätten einfach Angst gehabt, etwas falsch zu machen. Offenbar werden menschenähnliche Roboter als soziale Wesen gesehen, denn wenn sie wie Menschen reagieren, werden sie oft auch ähnlich wie Menschen behandelt, und zwar auch dann, wenn der Verstand sagt, dass es „nur“ eine Maschine ist. Übrigens führen sich Menschen schlecht, wenn sie NAO ausschalten, vor allem, wenn er sich auch noch dagegen wehrt, dann fühlt man sich danach schlechter.
Nijssen et al. (2019) haben untersucht, inwieweit Menschen bereit sind, Roboter zu opfern, um Menschen zu retten. Die Probanden wurden vor das moralisches Dilemma gestellt, ob sie einen Einzelnen in Lebensgefahr bringen, um eine Gruppe verletzter Menschen zu retten. In unterschiedlichen Szenarien handelte es sich dabei einmal um einen Menschen, einmal um einen humanoiden Roboter mit menschlichen Zügen und einmal um einen Roboter, der klar als Maschine zu erkennen war. Das Dilemma wurde dabei umso drängender, je mehr der Roboter einem Menschen ähnelte, etwa Webb dieser in kurzen Geschichten als mitfühlendes Wesen oder als Wesen mit eigenen Erfahrungen und Vorstellungen dargestellt wurde. Die Empathie mit der Maschine ging bei manchen der TeilnehmerInnen so weit, dass sie bereit waren, eine Gruppe verletzter Menschen zu opfern, nur um den Roboter zu schützen. Je menschenähnlicher die Roboter waren, insbesondere je mehr man ihm Gefühle zusprach, desto weniger waren die ProbandeInnen in diesem experimentellen Szenario geneigt, den Roboter zu opfern. Vermutlich wurde dem Roboter eine Art moralischer Status zugesprochen.
Literatur
Nijssen, Sari R. R., Müller, Barbara C. N., van Baaren, Rick B. & Paulus, Markus (2019). Saving the Robot or the Human? Robots Who Feel Deserve Moral Care. Social Cognition, 37, 41-S2.
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.roboter-psychologie-wie-roboter-nao-mitleid-erregt.59c63ddf-c128-4eed-a090-f273eaaaf416.html (18-08-17)
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