Um die Umweltverschmutzung zu bekämpfen, muss man sich auf Nachhaltigkeit konzentrieren, insbesondere auf die sich rasch entwickelnden Technologien, die in der modernen Gesellschaft allgegenwärtig sein werden. So verspricht die Soft-Robotik, herkömmliche starre Maschinen für Anwendungen zu ersetzen, die Anpassungsfähigkeit und Geschicklichkeit erfordern. Für Schlüsselkomponenten von Soft-Robotern, wie z. B. weiche Aktoren, ist es daher wichtig, nachhaltige Optionen wie biologisch gewonnene und biologisch abbaubare Materialien zu erforschen. Rumley et al. (2023) stellen in ihrem Artikel systematisch ermittelte kompatible Materialsysteme für die Herstellung vollständig biologisch abbaubarer, hochleistungsfähiger elektrohydraulischer weicher Aktoren vor, die auf verschiedenen biologisch abbaubaren Polymerfilmen, einem Flüssigdielektrikum auf Esterbasis und NaCl-infundiertem Gelatine-Hydrogel basieren. Wir zeigen, dass diese biologisch abbaubaren Aktoren bis zu hohen elektrischen Feldern von 200 V/?m zuverlässig arbeiten, eine mit nicht biologisch abbaubaren Gegenstücken vergleichbare Leistung aufweisen und mehr als 100.000 Betätigungszyklen überstehen. Darüber hinaus haben sie einen Robotergreifer auf der Grundlage biologisch abbaubarer weicher Aktoren entwickelt, der problemlos mit kommerziellen Roboterarmen kompatibel ist, was einen breiteren Einsatz von Systemen aus biologisch abbaubaren Materialien in der Soft-Robotik fördert. Ein System aus biologisch abbaubaren Materialien, das die Entwicklung leistungsstarker und zugleich nachhaltiger weicher elektrostatischer Aktoren ermöglicht.
Ein internationales Forschungsteam hat leistungsstarke künstliche Muskeln entwickelt, die biologisch abbaubar sind, und die aus Gelatine, Öl und Biokunststoff bestehen. Erst im Vorjahr haben Linzer Forscher eine vollständig biologisch abbaubare Hydrogel-Tinte auf Gelatinebasis sowie ein 3D-Druckverfahren für deren Verarbeitung entwickelt, mit denen sich formstabile, sehr bewegliche komplexe Aktuatoren drucken lassen. Das Material kann mehrmals wiederverwendet und am Ende seiner Lebensdauer gefahrlos entsorgt werden.
Nun haben Forscher einen elektrisch angetriebenen künstlichen Muskel entwickelt – den sie HASEL (Hydraulically Amplified Self-healing ELectrostatic actuator) nennen. Der Muskel besteht aus einem mit Pflanzenöl gefüllten Kunststoffbeutel mit zwei integrierten Elektroden. Wird an diese Elektroden Hochspannung angelegt, verschieben elektrostatische Kräfte das Öl im Inneren des Beutels. Durch Ein- und Ausschalten des Stroms wird das Öl hin- und hergeschoben und der Beutel zieht sich zusammen und erschlafft wieder – ähnlich wie ein echter Muskel.
Ein solch ein einzelner Aktuator ist rund sechs Zentimeter breit und zwei Zentimeter hoch. Je nachdem, wie viel Gewicht im Labor daran hängt, zieht sich so ein künstlicher Muskel bis zu 17 Prozent, also etwa drei bis vier Millimeter zusammen. Schaltet man viele Einzelaktuatoren in Serie oder parallel kann man entweder den Hub oder die Gesamtkraft erhöhen – ähnlich wie bei Muskelfasern.
Die Performance der biologisch abbaubaren künstlichen Muskeln ist so hoch wie jene von Aktuatoren aus nicht biologisch abbaubaren Materialien – was einen wichtigen Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit im Bereich der Soft-Robotik darstellt. Solche Muskeln sind der idealen Baustein für zukünftige biologisch abbaubare Roboter, weil sie leicht in verschiedene Systeme integriert werden können. Das demonstrierten die Wissenschaftler, indem sie einen an einen konventionellen Roboterarm integrierten Greifer mit mehreren solcher künstlichen Muskeln ausgestattet haben.
Sind die künstlichen Muskeln irgendwann beschädigt oder funktionieren nicht mehr richtig, können sie einfach in der Biotonne entsorgt werden. Unter kontrollierten Bedingungen würden sie sich innerhalb von sechs Monaten vollständig abbauen.
Literatur
Rumley, Ellen H., Preninger, David, Shagan Shomron, Alona, Rothemund, Philipp, Hartmann, Florian, Baumgartner, Melanie, Kellaris, Nicholas, Stojanovic, Andreas, Yoder, Zachary, Karrer, Benjamin, Keplinger, Christoph & Kaltenbrunner, Martin (2023). Biodegradable electrohydraulic actuators for sustainable soft robots. Science Advances, 9, doi:10.1126/sciadv.adf5551
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